Gynäkologische Notfälle

 
Übersicht
Nicht schwangerschaftsbedingte gynäkologische Notfälle:
 
  • Akute Entzündungen: Adnexitis (ein- oder beidseitig), Differentialdiagnose: Appendizitis, Endometritis (Entzündung der Gebärmutterschleimhaut, „Kindbettfieber“) Sepsis
  • Tumore: Myome, Carzinome, ovariale Zysten, stielgedrehte Ovarialzyten
  • Verletzungen:
  • Kohabitationsverletzungen: Verletzungen durch Geschlechtsverkehr (Vergewaltigung, abnormes sexuelles Verhalten, etc.)
  • stumpfes Unterbauchtrauma: Hämatom nach Sturz, Sport, Einriß der Arteria uterina, Tritte in den Unterleib
  • Pfählungsverletzungen: Fremdkörper belassen
  • Zyklusstörungen: Abweichung vom Hormonhaushalt
  • Hypermenorrhoe (> 500 ml / 10 Tage): übermäßige Blutung è Anämie
  • Amenorrhoe = Ausbleiben der Regelblutung


Erscheinungsbild des akuten Abdomen („brettharter Bauch“) und / oder starke vaginale Blutungen

Schwangerschaftsbedingte gynäkologische Notfälle:

  • extrauterine Gravidität (EUG) = Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter
  • Fehlgeburt (Abort) = vor der 28. Schwangerschaftswoche (SSW), Kind noch nicht lebensfähig
  • Vorzeitige Placentaablösung = tritt in 0,1 – 1 % der Schwangerschaften auf
  • Placenta prävia = tritt in 0,2 – 0,5 % der Schwangerschaften auf
  • Abruptio placentae = Abriss der Placenta
  • Frühgestosen
  • Hyperemesis gravidarum = übermäßiges Erbrechen während der Schwangerschaft
  • Spätgestosen
  • EPH-Gestose
  • Eklampsie
  • Nabelschnurvorfall
  • Vena-Cava-Kompressionssyndrom
  • Notgeburt
Entwicklung des menschlichen Embryos
Etwa 15. Tag:
Erste Blutgefäße

Vor 21. Tag:
Das Herz beginnt zu schlagen, Embryo ca. 1,7 mm groß

Etwa 28. Tag:
Armknospen bilden sich

Etwa 31. Tag:
Verbreiterung am vorderen Ende der Armknospen

Etwa 33. Tag:
Handplatten gebildet

Bis 41. Tag:
Finger vorhanden, die Beine entwickeln sich nach dem gleichen Schema etwas später

Nach 8 Wochen:
Embryo ganz ausgebildet: Arme, Beine, Augenlider, innere Organe, Geschlechtsorgane, Brustwarzen)
Scheitel – Steißlänge: 3 cm

9. – 12. SSW: Fötus wird immer babyähnlicher

Das Wachstum
 

  • 1. Monat  1 x 1 = 1 cm
  • 2. Monat  2 x 2 = 4 cm
  • 3. Monat  3 x 3 = 9 cm
  • 4. Monat  4 x 4 = 16 cm
  • 5. Monat  5 x 5 = 25 cm
  • 6. Monat  6 x 5 = 30 cm
  • 7. Monat  7 x 5 = 35 cm
  • 8. Monat  8 x 5 = 40 cm
  • 9. Monat  9 x 5 = 45 cm
  • 10. Monat 10 x 5 = 50 cm


Durchschnittsgewicht:

In der 28. SSW etwa 1000 g
In der 34. SSW etwa 2000 g
In der 40. SSW etwa 3000 g

Extrauterine Gravidität (EUG)
Definition:
  • Jede außerhalb des Uterus ablaufende Schwangerschaft


Formen:

  • Tubargravidität
  • Ovarialgravidität
  • Abdominalgravidität
  • Zervikalgravidität


Symptome:

  • Ausbleiben der Periode
  • starke Schmerzen (kolikartig, Zerreißungsschmerz)
  • Zeichen eines akuten Abdomens 
  • brettharter Bauch
  • Volumenmangelschock
  • Übelkeit, Erbrechen
Fehlgeburt (Abort)
1. Ende der Schwangerschaft zu einem Zeitpunkt, wo das Kind außerhalb des Uterus noch nicht lebensfähig ist.
2. Schwangerschaftsunterbrechung in den ersten 28 SSW
 

Drohende Fehlgeburt:

- Gebärmutterhals geschlossen
- Geringe Blutung
- Wehenartige Schmerzen

Beginnende Fehlgeburt:

- Gebärmutterhals geöffnet
- Wehen, evtl. Abgang von Fruchtwasser
- Stärkere Blutung

Unvollständige Fehlgeburt:

- Frucht ausgestoßen
- Teil der Placenta haftet noch am Uterus
- Starke Blutung: Verbluten möglich!!

Vollständige Fehlgeburt:

- vollständiges Ausstoßen der Frucht incl. Placenta
- Frucht nicht lebensfähig
- Mittlere Blutung

Maßnahmen RS / RA:

- sterile Abdeckung der Vulva
- Fritsch´sche Lagerung
- Schockbekämpfung
- Wenn möglich, Bauch der Patientin kühlen
- Mitnahme von abgegangenen Frucht- / Placentateilen
- Austauschen und Aufbewahren blutiger Kompressen
- Schonender und zügiger Transport in die Klinik nach vorheriger Anmeldung
- Wenn möglich, Schwangerenpaß mitnehmen

Ursachen:

- durch Mutter bedingt
- bedingt durch Embryo bzw. Foetus
- induzierter Abort

Symptome:

- Blutung nach vorherigem Ausbleiben der Menorrhoe
- Evtl. Wehen
- Evtl. Fruchtwasserabgang
- Evtl. Abgang von Gewebsteilchen oder der ganzen Frucht incl. Placenta.

Gefahr: VOLUMENMANGELSCHOCK!!!

- jedes Symptom kann einzeln, in unterschiedlicher Kombination und Ausprägung auftreten
- nicht jede Frau weiß in diesem Stadium, daß sie schwanger ist!

Vorzeitige Lösung der Placenta
Ursache:
  • Einnisten des befruchteten Ei´s im unteren Uterusbereich oder Wachstum der Placenta in Richtung Muttermund (Placenta prävia)
  • Durch Vorwehen in 2. Schwangerschaftshälfte Dehnung des unteren Gebärmutterteils mit Ablösung der Placenta.


Symptome:
 

  • u. U. Vorwehen & leichte vaginale Schmierblutung
  • massive schmerzlose hellrote vaginale Blutung in zweiter Schwangerschaftshälfte (stets vor dem Blasensprung!)
  • Schocksymptomatik
Gefahr: AKUTE LEBENSGEFAHR DURCH STARKE, MEIST NICHT ZUM
STILLSTAND KOMMENDE BLUTUNG

ABSTERBEN DER FRUCHT!!
 

Eklampsie
Definition: 
  • tonisch-klonische Krämpfe im letzten Schwangerschaftsdrittel


Ursache:

  • EPH-Gestose (Stoffwechselstörung während der Schwangerschaft), E: Edema (Ödem), P: Proteinurie (Eiweiß im Urin), H: Hypertonie (Bluthochdruck)


Verlauf:

  • Spasmus der Blutgefäße im Gehirn durch o. a. Ursachen
  • Minderversorgung des Gehirns
  • Krampfanfall


Symptome:

1. Ankündigungszeichen:
 

  • u. U. aufgedunsenes Gesicht
  • u. U. Ödeme an den Beinen
  • u. U. Oberbauchsymptomatik
  • Hypertonie
  • Zerebrale Anzeichen
  • Bewegungsautomatismen


2. Zeichen des eklamptischen Anfalls

  • generalisierter Krampfanfall
  • tonisch-klonische Krämpfe
  • Dauer meist ½  - 1 Minute
  • Dyspnoe, vorher Apnoe
  • Tachykardie (TIP: Bei EKG den QRS-Ton ausstellen)


Maßnahmen
 

  • vor Zusatzverletzungen schützen
  • Reizabschirmung!
  • Venenpunktion durch den Notarzt!
  • Kein Transport ohne ärztliche Begleitung!
  • Schonender Transport ohne Sondersignal!
  • Anmeldung in entsprechender Fachabteilung!
  • Ständige Kontrolle der Vitalfunktionen! (keine BZ-Messung, keine Sauerstoffsonde)
  • Medikamente: Dormicum bzw. Diazepam, Ebrantil, VEL-Infusion
  • Zugang vorbereiten
  • Intubation vorbereiten


Gefahren

1. Für die Mutter:

  • Ateminsuffizienz bis Atemstillstand
  • Hirnblutung, Hirnödem
  • Vorzeitige Placentalösung
  • Rückfall in einen erneuten Krampfanfall (durch optische und akustische Reize!)
2. Für das Kind:
  • mangelnde Placentafunktion
  • ungenügende Sauerstoffversorgung
  • Mangelentwicklung
  • Evtl. intrauteriner Fruchttod (durch Hypoxie bzw. vorzeitige Placentaablösung)
Der Nabelschnurvorfall
Ursachen:
  • regelwidrige Kindslage
  • Frühgeburten
  • Blasensprung bei hochstehendem Kindskopf


Gefahr:

  • Abdrücken der Nabelschnur durch das Körpergewicht des Kindes
  • Sauerstoffmangel mit allen entsprechenden Folgen für das Kind


Maßnahmen RS/RA:

  • vorbeugend: Schwangere nach Blasensprung nicht mehr laufen lassen
  • bei Nabelschnurvorfall: Becken der Schwangeren erhöht lagern
  • Notarztruf
  • Schneller Transport nach Anmeldung in der Klinik
Die Notgeburt
Ursachen:

Normale Geburt:

  • fehlende fachliche Hilfe
  • ungünstige äußere Umstände


krankhafter Geburtsvorgang:

  • Placenta prävia
  • Beckenendlagen
  • Regelwidrige Kopflagen


Komplikationen:

Kind: 

  • Tod im Uterus oder Geburtskanal
  • Atem- / Kreislaufstörung
  • Unterkühlung


Mutter:

  • Verletzung des Geburtskanals
  • Blutung


Ablauf einer Notgeburt
 

Helfer 1                                                     Helfer 2

Während der Geburt:

Anleitung zum Pressen                             Dammschutz
Anleitung zum Atmen                                Entwicklung des Kindes
Nachversorgung der Mutter                     Erstversorgung des Neugeborenen

Nach der Geburt:

Atmung, Puls, RR?                                   Absaugen von Mund und Rachen
(Dokumentation)
Geburtszeit und APGAR                           APGAR-Test nach 5 und 10 Minuten
Dokumentieren
Auf Blutungen achten /                             nach ca. 2 Minuten Nabelklemme setzen
Schockbekämpfung
Auf Nachgeburt achten
 

Bei Beginn der Austreibungsphase:

- Fahrt unterbrechen
- Notarzt anfordern
- Beide RS / RA im Transportraum!
- Fahrzeug aufwärmen
- Sauerstoffzufuhr überprüfen
- Entkleiden der Gebährenden und Reinigung
- Entsprechende Lagerung
- Überwachung RR, EKG

Bereitlegen:

- sterile Handschuhe
- sterile Unterlage & Mullkompressen
- Skalpell
- Nabelklemmen
- Material zur Neugeborenenreanimation
- Wärmedecke
- Orosauger

APGAR-Schema
Atmung:
kräftig; kräftiger Schrei                             2
Flach bzw. Schnappatmung                     1
Apnoe                                                       0

Puls:
rhythmisch, Herzfrequenz > 100              2
Arrhythmisch, Herzfreqeunz < 100          1
Kein Puls bzw. <= 60                               0

Grundtonus:
aktive Bewegungen                                 2
Träge Bewegungen                                1
Schlaff                                                     0

Aussehen:
rosig                                                        2
Stamm rosig, Extremitäten blau              1
Zyanotisch oder blaß                              0

Reflexe:
Schrei, Abwehr, Niesen, Husten             2
Grimassen                                               1
Keine Reaktion                                        0

10 – 7 Punkte: Wärmeerhaltung, Überwachung
6 – 4 Punkte: Sauerstoffgabe, evtl. Beatmung, Wärmeerhaltung, evtl. erneutes Absaugen
unter 4 Punkte: REANIMATION
 
 

Kontakt
Alexander Deutsch
Rettungswache Werdohl
Schulstraße 2
58791 Werdohl
Email: AlexanderDeutsch@web.de

 

 


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