Der psychiatrische Notfall im Rettungsdienst

 
Folge 1 (Einleitung)
Zu einer Zwangseinweisung gerufen zu werden... das ist selbst für altgediente Rettungsassistenten oder Notärzte oft ein Albtraum. Zumindest jedoch erzeugt der Einsatzspruch der Rettungsleitstelle „gemischte Gefühle“ bei den sonst  meist „coolen“ Profis. Beamten der Polizei oder der Berufsfeuerwehren geht es meist nicht  anders. Was erwartet mich an der Einsatzstelle? Ist der Einsatz vielleicht gefährlich? Wie rede ich mit einem psychisch Kranken? Was für Medikamente werden im Notfall gegeben, was muß ich dabei beachten? Diese, und viele andere Fragen gehen den Mitarbeitern auf der Fahrt zur Einsatzstelle durch den Kopf. 

Dann doch lieber eine Reanimation oder eine einsetzende Geburt, da weiß man doch genau, was zu tun ist. 

Zunächst möchte ich mich kurz mit den Ursachen dafür beschäftigen, dann werden in lockerer Folge die psychiatrischen Krankheiten und andere Probleme in diesem Zusammenhang (wie z.B.Suizidalität, Aggression und Gewalt) vorgestellt. 

Ein wichtiger Grund für die oben genannte Unsicherheit ist die unzureichende Aus- und Weiterbildung in Bezug auf die Psychiatrie. Das betrifft nicht nur die  Rettungsassistenten, sondern genauso Krankenschwestern- und Pfleger oder Ärzte. (Ausnahme: die Ausbildung wurde direkt an einer psychiatrischen Klinik absolviert). Hierbei geht es weniger um eine Anhäufung von viel Theorie über psychische Krankheiten, sondern- ganz praxisbezogen- darum: je genauer ich z.B.über eine schizophrene Psychose Bescheid weiß, desto kompetenter bin ich dann auch im Umgang mit dem Patienten. Die Unsicherheit bezieht sich oft auf die Kommunikation und Interaktionen in den oft spannungsgeladenen Situationen, mit denen sich die Mitarbeiter der Rettungsdienste konfrontiert sehen.

Weiterhin gibt es seit jeher Vorurteile gegenüber psychisch Kranken, die in den Medizinischen Fachberufen zwar weniger verbreitet, aber doch nicht gänzlich auszurotten sind. Psychisch Kranke gelten gemeinhin als gefährlich, unberechenbar, uneinsichtig, bei vielen auch als dumm. Zugegeben: alle diese Merkmale können
im Einzelfalle durchaus zutreffen: z.B. unterscheidet den psychisch Kranken vom körperlich Erkranktem meist die fehlende Krankheitseinsicht.So fühlt sich ein Mensch mit Verfolgungswahn real bedroht und verfolgt, logische Konsequenz: kein Krankheitserleben, kaum Behandlungsbereitschaft oder Kooperationsfähigkeit.
Einige Medien stellen psychisch Kranke –insbesonders psychisch kranke Straftäter- in der Regel als „Monster“ dar (siehe Fall Schmökel), und schaden dadurch den vielen tausend psychisch Kranken Mitmenschen, die keinesfalls gefährlicher sind als „wir gesunden“. 
Bisweilen gibt es auch Unklarheiten in Bezug auf rechtliche Fragen: was darf ich, was nicht, wann muß die Polizei oder ein anderer Vollzugsbeamter tätig werden, welche einschlägigen Gesetze sollte man kennen? 

Viele dieser Fragen möchte ich in den kommenden Folgen ansprechen,  Vorschläge zu Themen können auch gern an die Redaktion geschickt werden.
 

Kontakt
Der Autor: 
Ingvar Leptihn, Fachkrankenpfleger für Psychiatrie, seit 29 Jahren im Niedersächsischen
Landeskrankenhaus Wunstorf tätig, seit 27 Jahren ehrenamtlich im DRK, davon 18 Jahre Rettungsdienst. Geschäftsführer des Fortbildungsinstitutes: Fortbildung und Fachberatung für Pflege
in Niedersachsen GbR, das u.a. auch themenbezogene Seminare für die Rettunsdienste anbietet.
EMail: info@fpn-plus.de   www.fpn-plus.de 

 


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